Wolfgang Niedecken im Babylon


60 ist er in diesem Jahr geworden, der Frontmann der Gruppe BAP. Ein Geschenk hat er sich selbst gemacht: Die Autobiographie „Für ne Moment.“ Unterstützt wurde Niedecken dabei von Oliver Kobold, der schon in seinem „Vorwort“ im Babylon bewies, wie schön Sprache richtig eingesetzt sein kann.

Niedecken absolviert drei Stunden (übrigens nicht, wie vorher angekündigt, inklusive Pause, sondern exklusive) Programm, Teile seines Buches wechselten sich mit den dazu passenden Songs ab. Drei Stunden, in denen viel gelacht wurde und ab und an heftig geschluckt. Er spann den Bogen von seiner Kindheit in der Kölner Severinstraße bis zu seinem Engagement für ehemalige Kindersoldaten in Uganda und machte sehr viel Lust auf das Buch. Für mich als (ehemalige) Orgelspielerin war die Begleitung eines Songs durch Michael Nass auf der Multiplex-Kino-Orgel ein kleines Highlight.

Trotz unendlich warmem Raum und vorgeschrittener Stunde reihten wir uns brav auf, um unsere Bücher signieren zu lassen. Da es nur in Minischritten voran ging, bildeten ein paar bisher unbekannte Frauen einen lustigen Haufen. Eine bot mir an, dass Buch für meine Mutter zu signieren („Das kann ja eh keiner lesen und wenn die noch kein Autogramm hat, kann sie´s nicht überprüfen.“), ich habe aber tapfer bis nach 24 Uhr ausgeharrt.

Nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass ich inmitten von BAP-Fans aus dem Berliner Umland stand, eine davon hatte sogar eine Karte für die 1984 geplante und kurzfristig abgesagte Tour von BAP durch die DDR. Ich nutzte die Gelegenheit, mich darüber zu informieren, wie man in der DDR BAP-Fan werden konnte. Genau konnte mir das eigentlich nur eine beantworten. Die hatte Wolfgang Niedecken vor einem Samtvorhang im Fernsehen den Wellenreiter singen hören und war von da an Fan. Die anderen konnten mir aber glaubhaft versichern, dass es viele BAP-Fans in der DDR gab und die sich auch oft BAP-Songs im Radio wünschten. Die vorgeschriebenen 60 % Ost-Musik in Radio und Disko wurden einfach auf die Pausen des DJs gelegt (da gab es Musik vom Band). Eine Platte von BAP wurde sogar in der DDR veröffentlicht.

Vor lauter Scherzen hätte ich beinah eine Widmung „Für Mutti“ in einem Buch gehabt (was mir meine Mutter vermutlich nicht verziehen hätte und was nur durch die Vorgabe von erheblichem Alkoholgenuß zu erklären gewesen wäre).

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