Als der Mann und ich letztes Jahr im Sommer das Haus kauften (oder vielmehr die Bank das Haus kaufte und wir uns auf unendlich in ihre Fänge begaben), wurde ein Plan gemacht: September bis Ende November Umbau, Ende November Einzug, Weihnachten gemütlich unter unserem ersten Weihnachtsbaum mit vollständig ausgepackten Kisten.
Schon vor September gab es die ersten kleineren Verzögerungen – es dauerte, bis wir einen Architekten hatten und es dauerte noch etwas länger, bis wir Handwerker hatten. Alles kein Problem (dachten wir), schliesslich wollten wir sowieso einen Großteil der Arbeit alleine erledigen. Die Baugenehmigung kam in Eilgeschwindigkeit, von uns aus konnte es losgehen.
Unverhofft kommt oft
Eine Woche vor der Schlüsselübergabe hielt ich noch etwas in den Händen: Einen positiven Schwangerschaftstest. Die erste Septemberwoche wurde also nicht nur für den Start der Umbauarbeiten, sondern auch den Besuch beim Arzt genutzt und fortan gab es einen weiteren Meilenstein im Terminplan: Anfang Mai 2018, Geburt.
Während der Mann und ich uns hervorragend an unseren eigenen Plan hielten, Böden herausrissen, Schlacke schippten und jeden Abend bis spät auf der Baustelle malochten, lies die Arbeit der externen Arbeiter zu wünschen übrig. Sagen wir es so: Wir waren schon glücklich, wenn Arbeiter auftauchten. Dazu kamen einige Überraschungen, die das Haus zu bieten hatte. So waren Teile des Erdgeschosses nicht unterkellert, was uns bekannt war. Nicht bekannt war uns allerdings, dass sich dort nur ca. zehn Zentimeter bröseliger Beton über einem Lehm-Sand-Gemisch befand. Also wurde der Auftrag erteilt, dieses fachgerecht auszuschachten, zu dämmen und zu betonieren.
Wer braucht schon ein ganzes Haus …
In der oberen Etage stockten die Arbeiten vollständig. Zwar gab es irgendwann ein Angebot des bevorzugten Dachdeckers, letztendlich zog sich der geplante Beginn des Ausbaus der als Schlafzimmer geplanten Gaube bis Anfang Januar hin. Tatsächlich zog er sich noch länger hin, schliesslich kam dann erst einmal Kälte und Schnee.
Eines geschah planmässig: Der Umzug Ende November. Mit über 100 Kartons in eine Baustelle. In einem Drittel des Erdgeschosses gab es Boden (am letzten Abend vor dem Umzug haben der Mann und ich bis zehn Uhr Dielen gehämmert, um dann anschliessend bis drei Uhr Kartons zu packen), der Kühlschrank lief und in das Arbeitszimmer des Mannes führte eine Leiter. Die Treppe hatten wir Wochen vorher nach Leipzig verkauft. Abends stand erst der Schwiegervater mit Blumen und dann die Nachbarn mit Neugier vor der Tür, der Mann servierte Wein aus Wassergläsern und wir sassen inmitten von Kisten auf einem Teil des Sofas in einem Teil der Wohnung, der eigentlich die Küche war. Die besten Parties steigen tatsächlich immer in der Küche.
Weihnachten, Silvester, Arbeitsmüdigkeit
Auch Weihnachten kam planmässig, wir hatten sogar einen Herd, der Tisch stand auf dem Teil des Bodens, der nur mit Dachpappe belegt war (Schüttung, Trockenestrich und Dielen kamen später), herunterhängende Stromkabel zauberten Bilder an die tags zuvor vollendete aber noch nicht gespachtelte Schallschutzwand – es gab trotzdem leckeres Essen und es war schön.
Mit dem neuen Jahr begannen die Arbeiten in der oberen Etage, allerdings sank meine Arbeitskraft. Der Bauch trat tatsächlich langsam zum Vorschein (wenn er auch erst in den letzten sechs Wochen explodiert ist) und die Müdigkeit nahm zu. Auch beim Mann setzte Müdigkeit ein, ein halbes Jahr Dauerhandwerken ohne wirkliche Erholung an den Wochenenden forderte Tribut. Unsere Arbeiten beschränkten sich auf die Wochenenden, in der Woche wollten und konnten wir nicht mehr. Zwischendurch brauchen wir dann aber auch mal an den Wochenenden Abwechslung – die kann so aussehen, dass wir den Garten ein bisschen roden. Oder, dass wir aus Versehen eine Überschwemmung im Bad anrichten, die dann eine Stunde wischen und wringen in Anspruch nimmt.
Während unsere Arbeitsmotivation sank, stieg allerdings die Anwesenheit von Handwerkern. Es wurde verputzt, neue Fenster eingesetzt, Elektroleitungen gezogen, Heizungen vorbereitet – es ging voran.
Baby vs. Handwerker
Derzeit findet ein Wettrennen statt: Baby gegen Handwerker. Es wäre schön, wenn die Handwerker gewinnen und wir vor der Geburt unser (seit Monaten eingelagertes) Schlafzimmer in der ausgebauten und wirklich grandios gewordenen Gaube aufbauen könnten. Vielleicht kommt auch das Regal für die Küche, wodurch alle Kartons im Erdgeschoss ausgepackt werden könnten. Dass dann die ein oder andere Stelle eher nach Abbruch als nach Aufbau aussieht und noch gestrichen werden muss – geschenkt. Und wenn wir wieder an die im Kinderzimmer gelagerten Kleiderkartons kommen, die derzeit unter einer sehr verstaubten Folie schlummern, besteht auch die Chance, dass mir die Sachen wieder passen.
Es bleibt spannend.
Na ja, na ja, als ich da war, war es doch schon fast fertig. Und die ersten drei bis zehn Jahre braucht so ein Kind ja sowieso kein eigenes Zimmer.
Obwohl die Handwerker Boden gewonnen haben, ist das Rennen rasant vom Baby als Siegerin gemacht worden ! Ich kann der „anderen Anne“ nicht so ganz zustimmen – das Kind braucht vielleicht kein eigenes Zimmer, aber die geplagten Eltern !!! Aber es wird , und was zu sehen ist gefällt mir alles sehr gut – irgendwann wird dann auch der Traum vom gemütlichen Sitzen unterm Weihnachtsbaum Wahrheit , obwohl ich ein Sitzen neben dem Baum vorziehen würde, man kommt nicht mehr gut so tief runter, geschweige denn wieder hoch ………