Fünf Kirchen stehen in und um die Fußgängerzone in der Essener Innenstadt. Während die meisten Einkaufswütigen den Dom garantiert schon einmal wahrgenommen haben, sind die Friedenskirche oder die Kreuzeskirche vermutlich eher unbekannt.
Alle „Essener City-Kirchen“ kann man sich während einer Führung anschauen und erklären lassen. Veranstaltet wird die Führung von der evangelischen Kirche in Essen, dem Bistum Essen und der Alt-Katholischen Gemeinde Essen. Quasi eine ökumenische Führung.
Domkirche
Die Domkirche – oder richtiger das Essener Münster – ist bereits der dritte Kirchenbau, der an dieser Stelle steht. Die erste wurde zwischen 845 und 870 von Alfried als Kirche des Essener Frauenstifts errichtet. Dieses Stift war der Beginn der Stadt Essen.
Was die meisten für den Dom halten, ist tatsächlich St. Johannes Baptist, die Taufkirche des Essener Doms. Die ist dem Dom (von der Fußgängerzone aus gesehen) vorgelagert und mit einem Säulengang verbunden.
Auf der Suche nach der Goldenen Madonna, der ältesten erhaltenen vollplastischen Mariendarstellung, oder dem ältesten erhaltenen siebenarmigen Leuchter sollte man also in den eigentlichen Dom gehen.
Wer zwischen Primark und Co. etwas Ruhe sucht, findet die im Kreuzgang des Doms. Der befindet sich nicht – wie sonst üblich – südlich des Doms, da dort der Friedhof der Bevölkerung war. Stattdessen wurde er nördlich errichtet. In dem Kreuzgang erinnert noch eine Esche an Alfrieds Gut Asnide erinnert – aus Asnide wurde im Laufe der Zeit „Essen“.
Alt-katholische Friedenskirche
Nächste Station des Rundgangs ist die Alt-katholische Friedenskirche, die nicht nur neben, sondern auch nur kurze Zeit nach der Essener Synagoge errichtet wurde. Auch, wenn es optisch nicht so wirkt: Durch gleiche Höhe sollten Synagoge und Kirche gleich viel Gewicht erhalten.
Der Brunnen vor der Friedenskirche war übrigens schon vor dem Bau der Kirche vorhanden.
In der Kirche war das Fotografieren nicht erlaubt, man sollte sich jedoch unbedingt hier einen Eindruck verschaffen. Die Kirche hat der niederländische Künstler Jan Thorn Prikker gestaltet, den Krieg haben aber nur das Altarmosaik (gestiftet von „Herrn und Frau Krupp von Bohlen und Halbach“) und das Fenster am Taufbecken überstanden. In den 1960er Jahren erhielt die nach dem Krieg schmucklos restaurierte Kirche Fenster von Harry McLean. Ab 2003 wurde die Kirche wieder in ihren ursprünglichen „bunten“ Zustand restauriert, so dass die Fenster nun fast etwas zu viel sind.
Die Friedenskirche kann unter anderem beim Tag des offenen Denkmals besichtigt werden.
Evangelische Marktkirche
Von Kaiser Heinrich III. erhielt die Essener Äbtissin Theophanu das Marktrecht und lies daraufhin um 1043 eine Marktkirche errichten. Geweiht wurde diese Gertrud von Nivelles, was aus zwei Gründen ziemlich clever war. Zum einen war Theophanus Schwester Adelheid Äbtissin im Damenstift von Nivelles, so dass sie Reliquien beschaffen konnte. Zum anderen soll Gertrud gegen Mäuse und Ratten helfen, beides auf einem Markt reichlich vorhanden.
1543 besetzte das Bürgertum die Kirche und forderte einen evangelischen Prediger, die erste erste evangelische Messe wurde dort jedoch erst zwanzig Jahre später gefeiert. Die Marktkirche ist damit die älteste protestantische Kirche in Essen.
Im Krieg wurde sie stark zerstört und dann zweijochig aufgebaut – ein Joch fiel der Straßenbahn zum Opfer.
2006 erhielt die Marktkirche einen atemberaubenden Westchor aus blauem Glas und die ehemaligen Westportale wurden auf eine Empore versetzt.
Der jetzige Eingang mit einer mit Wortpaaren verzierten Glastür entspricht dem ursprünglichen Eingang.
Katholische Kirche St. Gertrud
Erst im 19. Jahrhundert wurde eine neue Kirche St. Gertrud gebaut, die nach dem zweiten Weltkrieg stark vereinfacht neu aufgebaut wurde.
Die heutige Gemeinde ist sehr multikulturell geprägt, so gehören unter anderem die afrikanische, die koreanische und die spanische Gemeinde zu St. Gertrud.
Das 1994 angebrachte Altar-Mosaik mit dem Titel „Der Christ lebt aus Gottes Wort und Sakrament“ hat ein Flüchtlingsehepaar gestiftet, es zeigt Szenen aus dem neuen Testament wie die Hochzeit zu Kana oder die Erweckung des Lazarus.
Evangelische Kreuzeskirche
Viele Besonderheiten hat die evangelische Kreuzeskirche zu bieten. Nicht nur, dass sie eine von weltweit 200 Nagelkreuzkirchen ist, sie ist gleichzeitig auch ein Veranstaltungsort.
Ende des 19. Jahrhundert errichtete August Orth die Kreuzeskirche und orientierte sich an der Dankeskirche in Berlin-Wedding. Grund für den Bau der Kirche war vor allem der Zuzug von Arbeitskräften für Bergbau und Stahlindustrie, bei denen es sich meist um Protestanten aus den östlichen Gebieten Preußens handelte. Essener Bürger und Vereinigungen unterstützten den Bau, eingeweiht hat die Kirche niemand geringeres als Kaiserin Auguste Victoria.
2013 wurde das damals stark baufällige Baudenkmal für einen Euro an eine Projektgemeinschaft verkauft, welche die Sanierung finanzierte. Deshalb gibt es jetzt ausreichend Toiletten, eine Raucherterrasse, eine für Großveranstaltungen geeignete Küche und moderne Veranstaltungstechnik in der Kreuzeskirche.
Sowohl Altar als auch Ambo und Taufbecken sind transportabel und können in den Kammern am Altarraum untergebracht werden. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll ein weiteres Highlight folgen: Vom Künstler James Rizzi gestaltete Fenster werden eingebaut.
Zwei Stunden Stadt- und Religionsgeschichte
Eine Tour, die sich auf jeden Fall lohnt – weil man neben dem Blick in (sonst vielleicht verschlossene) Kirchen auch noch sehr viel zur Essener Stadt- und Religionsgeschichte erfährt, die enger miteinander verknüpft sind, als man denkt.
Die Führung durch die Essener City-Kirchen findet jeden Samstag um 11 Uhr statt, dauert zwei Stunden und kostet 5 Euro. Treffpunkt ist im Foyer der Domschatzkammer, eine Anmeldung ist nicht notwendig.