Der Mann hat keinen Bock. Er ist der festen Überzeugung, dass man in Essen kaum vernünftig essen gehen kann – und in Bochum noch weniger. Allen Bedenken zum Trotz habe ich einen Tisch im „Five“ reserviert.
20 Plätze, zwei Menüs
20 Plätze, nur ein festes Menü für Vegetarier und eins für Nicht-Vegetarier – das hört sich zumindest so an, als ob es uns gefallen könnte.
Der Name „Five“ bezieht sich auf die „Macher“: Die beiden Livingroom-Chefs Lukas Rüger und Seron Bahtijari, den Koch Boris Geigenmüller und den Koch und Sommelier Tibor Werzl sowie einen Kellner.
Kochen unter der OP-Lampe
An diesem Abend könnte man das „Five“ in „Two“ umbenennen. Tibor Werzl, Koch und Sommelier in Personalunion, werkelt unter einer OP-Lampe in der offenen Küche, findet aber noch ausreichend Zeit, den Kellner zu unterstützen und vor allem die das Menü begleitenden Weine zu erklären.
Schon der Gruß aus der Küche, den wir zu unserem Aperitif, einem sehr guten Sekt von Dautel, bekommen, stimmt den Mann versöhnlich: Fregola sarda, die sardische runde Nudel, mit eingelegten Steinpilzen, Creme fraiche und Trüffel.
Ringli-Butter
Noch versöhnlicher wird er beim Auftritt der selbst gebackenen Brötchen. Die sind warm, machen (guten) Bäckern Konkurrenz und werden von einer Butter mit geräucherter Paprika begleitet, in die ich mich reinlegen könnte. (Dazu muss man wissen, dass ich normalerweise keine Butter esse und auch Pizzabrötchen lieber trocken esse, als mit Kräuterbutter.)
Nicht unerheblich ist wohl, dass die Butter schmeckt, wie Ringlis. Und die habe ich früher geliebt.
Zwei Menüs: Einmal mit und einmal ohne Fleisch und Fisch
Los geht es mit dem eigentlichen Menü, bei dem ich die vegetarische Variante gewählt habe, der Mann die mit Fleisch und Fisch. Diese Wahl haben wir schon bei der Reservierung angegeben, hätten uns aber bis 48 Stunden vorher anders entscheiden können.
Da der ursprünglich geplante Löwenzahn für die vegetarische Vorspeise nicht in gewünschter Qualität geliefert wurde, bekomme ich sauren Kohl und Burrata mit Brunnenkresse. Besonders spannend für mich ist der fermentierte Rotkohl, da werde ich mich wohl auch mal dran versuchen.
Der Mann bekommt Grapefruit-Ceviche von der Jacobsmuschel mit schwarzem Reis und Bärlauch.
Niemals würde ich in einem Restaurant Königsberger Klopse oder Eier in Senfsoße bestellen. Das sind meine Lieblingsgerichte, die kann ich im Schlaf kochen und genauso kochen, wie ich sie mag. Dieses Ei in Senfsoße sieht etwas anders aus, als wenn ich es koche. Es war aber auch so, wie ich es mag.
Der Gang für Carnivoren kommt mit Ente, einem Süßkartoffelchip und einem Limettenschaum daher.
Die Erdartischocke kennt man vermutlich eher unter ihrem anderen Namen „Topinambur“, zusammen mit den kandierten Walnüssen (schwarze Nüsse) und den anderen Komponenten ein tolles Gericht.
Der Mann bekam Kabeljaukinn mit Erbsen und Möhrchen. Hört sich einfach an, kann aber wie ein Kunstwerk aussehen.
Sehr schön anzusehen war auch Okonomyaki, die japanische Pizza. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was sich alles auf der Pizza getummelt hat, es war aber nicht nur schön anzusehen, sondern auch lecker.
Beim Mann ging es mit dry aged Kalbsrücken deutlich fleischiger zu.
Beim Dessert war ich etwas traurig. Ich hatte nämlich schon vorher das baiserähnliche Knusperbestandteil gesehen und gehofft, dass es zu meinem Dessert gehört. Aber tat es nicht, der Mann bekam es mit geeistem Rhabarber und Pastinakenmousse.
Nicht, dass mein Dessert aus Seidentofu, Mango, Passionsfrucht und Bananeneis schlechter ausgesehen oder gar geschmeckt hätte. Außerdem wurde mir ein sehr passender Dessertwein dazu empfohlen.
Aber weil einem aufmerksamen Gastgeber nichts entgeht, stand plötzlich ein kleiner Teller mit einer Portion Milchbaiser neben meinem Platz.
Ein Abend bei Freunden
Ein sehr entspannter Abend, bei dem alles stimmte. Das Gefühl, dass man nicht in einem Restaurant ist, sondern bei Freunden im Esszimmer sitzt. Denen man beim Kochen zuschaut und die ganz entspannt Zeit finden, noch ein bisschen mit den Gästen zu plaudern.
Eine Weinbegleitung, bei der uns jeder Wein beschäftigt hat. Weil es keine Wegtrinkweine waren, interessante Geschichten dazu gehörten und sie einfach hervorragend passten. Und weil Tibor Werzl jeden Wein mit einer wunderbaren Begeisterung empfiehlt. (Notiz an mich: Auxerrois von Enderle & Moll und Riesling von Peter Jacob Kühn besorgen.)
Nicht zuletzt ein ungewöhnliches und ungewöhnlich leckeres Menü, sowohl für den Mann als auch mich.
Der Mann ist übrigens geläutert. Er möchte sogar, dass wir für Mai wieder einen Tisch im „Five“ reservieren. Dann gibt es nämlich das neue Menü.
Gehet hin und esst
Wer das derzeitige Menü ausprobieren möchte, der hat dazu noch bis zum 29. April Mittwochs, Donnerstags und Freitags Zeit. Reservierung und Vorauswahl ist Pflicht, die passende Weinbegleitung sollte man zum eigenen Vergnügen dazu nehmen. Wenn man nett fragt, bekommt man auch jeweils halbe Gläser für Autofahrer.
FIVE, Hellweg 28-30, 44787 Bochum
https://www.five-bochum.de/
Das sieht ja alles echt mega lecker aus! SOllte man sich auf jedenfall notieren, wenn man mal in Bochum ist. 🙂