Im Tessin isst man im „Grotto“. Die rustikalen Restaurants bieten lokale Küche, oft wird im Freien gegessen. In Grotten wurden früher Lebensmittel aufbewahrt. Als Kühlschränke und Co. dies überflüssig machten, verwandelten sich die Vorratshöhlen in Begegnungsstätten und später in Restaurants. Heute sind Grotti aber oft in normalen Häusern beheimatet.
Eines der bekanntesten Grotti ist das Grotto Baldoria in Ascona. Ein Stück von der schönen Promenade entfernt liegt es in einer der kleinen Gassen. Das Konzept ist einfach verständlich: Was auf den Tisch kommt, wird gegessen. Damit kann ich gut leben, Speisekarten stürzen mich sowieso meist in Entscheidungsnöte.
Wir bekommen einen Tisch zugewiesen „Da oder Da“, Freundlichkeit gehört nicht zum Programm.
Der Hauswein („Merlot, wie hier alle trinken“) und Wasser kommen zügig, dazu Brot. Ich habe mich ein bisschen informiert und informiere den Mann, dass es noch Salami zum Brot gibt.
Vom Nebentisch wird dann auch ein Holzbrett gereicht, Salami und Messer inklusive.
Dem Brot folgt der Salat, der Mann erinnert er an Salat in Schweizer Universitätsmensen. Kindheitserinnerungen quasi.
Wir bestellten eine zweite Karaffe Merlot und hatten noch gute Laune.
Dem Salat folgt die dünn aufgeschnittene Zunge, angemacht mit einer Essig-Kapern-Soße. Ich bin kein Zungen-Freund, aber das konnte man gut essen.
Während der Koch in der gut einsehbaren Küche eine Tüte Fertignudeln nach der anderen in einen Topf leert, erfreuen wir uns an der Dekoration.
Im inneren des Hauses musiziert eine Truppe Gäste, der Herr des Hauses verbringt die meiste Zeit an einem Tisch, an dem eine sehr gealterte Kopie von Carrie aus „Sex and the City“ sitzt. Trotzdem findet er Zeit, den Gästen die Teller zu entreissen und mit einem Schwung Pasta zu füllen.
Restkapern und Salatdressing mischen sich mit den Fertignudeln und der Tomatensoße in homöopathischen Dosen. Wie gut, dass er anschliessend eine riesige Tüte geriebenen Parmesan auf den Tisch knallt und befielt „An den nächsten Tisch weitergeben“. Der Mann befindet, dass weißes Pulver in Tüten entweder Antrax oder Brausepulver sein muss. Keinesfalls können wir uns vorstellen, dass im italophilen Teil der Schweiz öffentlich etwas wie Tüten-Parmesan gereicht werden könnte.
Das Kalbsragout mit Polenta kommt besser daher:
Die Dame zwei Tische weiter hat deutlich mehr Pech. Sie ist anscheinend Vegetarierin und hat um eine fleischlose Alternative gebeten. Als ihre beiden Begleiter das Hauptgericht bereits aufgegessen haben, wird vor ihr eine kleine Cocotte auf den Tisch geknallt. Nach zwei Minuten hoffe ich, dass meine Riechfähigkeit spontan erlahmt. Was bis an unseren Tisch stinkt, ist anscheinend überbackene Polenta. Die Vegetarierin probiert heldenhaft eine Gabel und lässt den Rest liegen.
Der Käsegang wird wieder von Tisch zu Tisch gereicht, mittlerweile kennt man sich.
Nach dem als Dessert gereichten trockenen Kuchen mit Aprikosenglasur bestellen wir erst einen Espresso und dann die Rechnung.
Für Geld ist anscheinend ausschließlich der Herr des Hauses zuständig. Der ist aber wieder im Gespräch mit Carrie. „Eine Minute“ bedeutet er uns. Nach zehn Minuten setzt er sich tatsächlich in Bewegung. Er verteilt Essen auf die Tisch von Nachzüglern, um dann postwendend wieder zu Carrie zurück zu kehren. Dem Mann reicht es. Er setzt den Hut auf und packt die umfangreiche Kameraausrüstung zusammen. Die Zeit nutzt der HdH und kommt samt Taschenrechner an unseren Tisch. 73 Franken, 70 sind auch ok, tschüss.
Schade eigentlich. Ein gutes Konzept, was anscheinend zu gut gelaufen ist. Sowohl dem Essen als auch dem Personal ist Gleichgültigkeit anzumerken, Missmut gehört ebenfalls zum Konzept. Wie können das Grotto Baldoria nicht empfehlen. Dass es anders geht, durften wir zum Glück am nächsten Tag erfahren.
Grotto Baldoria, Vicolo S.Omobono, 9 6612 Ascona, Tessin, Schweiz
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Spontan entschieden wir uns mit Hund hier zu essen. Welch ein Glück um 19h den letzten Tisch zu bekommen. Wir waren begeistert von der Freundlichkeit des Personals, dem feinen Essen und recht überrascht vom schnellen Service. Carne secca, insalata, Zunge mit excellenter Kapernsauce, Rigatoni an Tomatengemüsesauce, Rindsgeschnetzeltes mit Polenta, div Formaggio, Bicuitkuchen. Grappa, Lemoncello oder Nussschnaps krönender Abschluss zum Espresso. Das Personal frohgelaunt und aufmerksam. Die Gäste sichtbar zufrieden
mit der tavolata.
Ein rundum gelungener Abend! Sehr zu empfehlen.
Wir waren am 7.10.21. im Grotto Baldoria. Der Chef des Grotto’s recht auf Zack und etwas hecktisch. Das Personal jedoch, hatten wir als sehr nett und zuvorkommend empfunden. Zunge ist leider nicht unser Ding, aber war essbar. Salami und Käse wurde auf kleinen Platten, Portionen zugeschnitten serviert. Schade dass die Teigwaren aus Farfalle bestanden. Rigatoni wären passender gewesen, aber schmackhaft waren sie. Die Polenta war leider fad, ebenso das Fleich. Sonst alles in allem geniessbar. Ob wir etwas verwöhnt sind? Wir waren in Florenz im il Latini, Service-vorgang ähnlich aber alles super. Grotto Baldoria eher eine schlechtere Kopie. Wir kehren eher nicht mehr. Schade, wir hatten mehr erwarte