Ganz Schottland stellte früher Tweed her, am bekanntesten ist aber der „Harris Tweed“. Harris Tweed ist „ein Stoff aus reiner Schurwolle, die auf den äußeren Hebriden gefärbt und gesponnen wurde und von Hand durch Einwohner der Inseln Lewis, Harris, Uist und Barra in deren Wohnhäusern gewebt wurde.“
Schafe gibt es übrigens auf Harris/Lewis ziemlich viele, deren Wolle reicht aber nicht für die Tweed-Produktion. Deshalb wird Wolle zugekauft.
Wie der Harris Tweed überhaupt so bekannt wurde, zeigt dieser kurze Film:
Handarbeit auf 100 Jahre alten Webstühlen
Auch heute noch wird in manchen Häusern auf den alten Webstühlen Tweed hergestellt. Wir haben Norman MacKenzie in Carloway besucht, der viele Stunden in seinem kleinen Häuschen verbringt, um Tweed zu weben. Müssen muss er nicht, er ist (laut Aussage unseres Taxifahrers) pensionierter Zahnarzt.
Dieser Zopf muss erst einmal hergestellt werden, um die Kettfäden zu bilden. Um einen neuen Tweed zu beginnen, werden die über 200 neuen Kettfäden mit den Kettfäden des „alten“ Webstücks verknotet. Nicht gerade eine Arbeit von ein paar Minuten …
Diese Spulen kann man in der Manufaktur bekommen, für die man webt. Sie werden dafür genutzt, um die Schiffchen zu befüllen, aus denen die Schussfäden beim Weben kommen.
Zum Befüllen der Schiffchenspulen wird diese Maschine genutzt:
Auf diesem fußbetriebenen Webstuhl von 1920 webt MacKenzie die unterschiedlichsten Muster. Interessant ist, dass man den Webstuhl mit Hilfe von Lochmusterketten auch „programmieren“ kann. Durch eine Art Pistolentrommel können bis zu sechs unterschiedliche Farben beim Weben verwendet werden.
Nach dem Weben geht der Stoff in die Manufaktur. Dort wird er gewaschen und überprüft. Erst, wenn der Tweed Inspector einverstanden ist, bekommt er den „Harris Tweed“-Stempel. MacKenzie nimmt seinen Stoff dann zurück, so dass ich Gelegenheit hatte, mir den ein oder anderen Meter nach Deutschland mitzunehmen.
Und weil es so schön ist, noch ein Film, in dem auch die Weber zu Wort kommen (und wer genau hinschaut, sieht Norman MacKenzie):
Tweed kauft man (eher) nicht auf Harris
Zugegeben – wir sind nach Harris auch wegen des Tweeds gefahren. Vor unserem geistigen Auge sahen wir große Ladenflächen, gefüllt mit allen nur denkbaren Tweedartikeln, zu natürlich unschlagbaren Preisen. Tweed-Artikel in Edinburgh liessen wir links liegen, schliesslich würden wir bald am Ursprungsort des Tweeds sein, warum also vorher kaufen.
Ziemlich schnell stellten wir eines fest: Auf Harris/Lewis kann man ziemlich viel machen, aber Dinge aus Tweed kaufen ist eher schwierig. Tweed selber ist einfacher zu erstehen. Es gibt allerdings keinen großen Laden, eigentlich gibt es nur eine Handvoll kleiner Läden. In diesen waren wir:
The Isle of Harris Knitwear Company
Ein kleines Haus und ein noch kleinerer Anbau, das wars. Neben Wollpullovern und Wolle gibt es eine Auswahl an Tweeds-Jackets, mehr für Herren als für Damen. Der Mann hat sich hier eingedeckt, weil er die Sakkos weicher fand als die der anderen Läden. Etwas skuril: Der Tweed wird für die Herstellung der Sakkos an eine italienische Firma weitergegeben, die aber von einer deutschen Firma aufgekauft wurde. Deshalb hat der Mann nun deutsche Etiketten in Sakkos aus Harris Tweed, die er auf Harris gekauft hat.
Harris Tweed Hebrides, Stornoway
Ein kleiner Laden, fertige Stücke sind hier nebensächlich, hier kann man sich alles nähen lassen. Deshalb gibt es auch mehr Stoffballen als sonstige Ware.
Tarbert
Voll, voller, am vollsten. Hier gibt es Taschen, Kappen, Mützen, Geldbörsen, Handschuhe, sehr kratzige Sakkos und auch sonst ziemlich viel. Strategisch günstig direkt an der Fähre gelegen, im Nebenhaus gibt es Tweed am laufenden Meter.
Klingt komisch, aber wer eine schöne und hochwertige Auswahl an Tweed-Waren haben möchte, sollte Harris/Lewis vergessen und nach Newtonmore fahren. Das liegt in den Highlands und dort gibt es einen kleinen Laden mit einem großen Internetversand: Den „Harris Tweed Shop„.
Pingback: Harris, Schottland @ Schöner Blog(t)Schöner Blog(t)