Der Kudamm wird 125 Jahre alt und rund um den eigentlich schon 1542 erbauten „Kurfürstenknüppeldamm“ finden Veranstaltungen statt. Eine ist die Führung „Im Glanz der Zwanziger Jahre über den `Broadway von Berlin´“.
Die Tour beginnt an der Schaubühne am Lehniner Platz. Der „WOGA-Komplex“ beherbergte in den 20er Jahren neben dem größten Berliner Kino auch ein Rauchtheater, das Kabarett der Komiker, das Cafe Leon, in dem unter anderem Erich Kästner verkehrte, eine Ladenstraße, ein Wohnhaus und ein Apartmenthaus. Auf dem zum Komplex gehörenden Tennisplatz war Vladimir Nabokov als Tennislehrer tätig.
Gleich zu Beginn erfahren wir auch, wie es zu den Vitrinen kam, die heute noch den Passantenstrom auf dem Kudamm teilen. Ursprünglich wurden am Kudamm Wohnhäuser gebaut, die auch Vorgärten hatten. Nachdem nun der „Geld-Adel“ den neuen Westen bezogen hatte, richteten viele Geschäftsleute neben ihren Hauptgeschäften an der Friedrichstraße Zweigstellen in den unteren Etagen des Kudamms ein. Damit die Passanten zu diesen Geschäften gelockt wurden, stellte man am Rand der Vorgärten Vitrinen auf.
Auf dem Weg über und um den Kudamm „begegnen“ wir Walter Jurmann, Komponist z. B. von „Veronika, der Lenz ist da“, Friedrich Holländer (z. B. die Musik für den „Blauen Engel“) und Hubert „Hubsi“ von Meyerinck, der in der Nähe des nach ihm benannten Platzes wohnte. Weiter geht es auf den Spuren Walter Benjamins und Franz Hessels, hin zu dem Ort, wo früher das Theater von Rudolf Nelson stand, in dem unter anderem Josephine Baker auftrat. Vorher werfen wir noch einen Blick auf das heutige „Hotel Bogota“, früher ein Apartmenthaus, in dem die Fotografin Yva, die Lehrmeisterin von Helmut Newton, ihr Atelier hatte. Am Kudamm 29 erinnert eine Gedenktafel an die Malerin Jeanne Mammen, die das Großstadtleben der 20er Jahre in ihren Bildern festhielt
George Grosz und John Heartfield werden ebenso berücksichtigt, wie die Komödie und das Theater am Kudamm. Gestreift wird das Cafe Kranzler (wegen der steigenden Miete in die erste Etage gezogen) und das Haus Cumberland, in welchem derzeit 180 Eigentumswohnungen realisiert werden.
In einem der beiden romanischen Häuser (heute ist dort das Europacenter) befand sich das „Romanische Cafe„, beliebte Künstlertreffpunkt. „Das Romanische Café ist der Wartesaal der Talente. Es gibt Leute, die hier seit zwanzig Jahren, Tag für Tag, aufs Talent warten. Sie beherrschen, wenn nichts sonst, so doch die Kunst des Wartens in verblüffendem Maße.“ (Erich Kästner)
Das Alhambra-Kino führte den ersten Tonfilm vor, heute ist nicht erkennbar, was sich in dem Haus befindet. Wo sich einst das Astor Kino befand, wird heute amerikanische Designermode verkauft. Und das Salamanderhaus, welches mit Steinen verblendet wurde, die an Reptilienhaut erinnern sollen, wurde von einer Bank im unteren Stockwerk mit Marmor verkleidet.
Am Ende der Tour sitzt die Gruppe erschöpft, aber um viel Wissen reicher, mit Blick auf das „Theater des Westens“ und bekommt auf den Heimweg mit, dass Trude Hesterberg in dessen Keller ein Kabaret unterhielt, in dem es dank Berthold Brecht zu einem Eklat kam. Und zum nachlesen gibt es noch eine Liste mit allen Namen, die einem so auf der Tour begegnet sind.
Walter Kreipe bietet die Tour am 18.09. und 02. 10.2011 an.
Ein empfehlenswertes Büchlein zu 125 Jahre Kudamm, welches auch alle Vitrinentexte enthält, ist am George-Grosz-Platz im roten Kaffeekiosk für 1 € zu kaufen.
http://www.125-jahre-kudamm.de/
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