„Das Restaurant öffnet erst um sieben Uhr, in genau 10 Minuten.“ Nach dieser freundlichen Begrüßung war ich eigentlich soweit, dass sich die als Fräulein Rottenmeier verkleidete Bedienung unsere Reservierung in die streng nach hinten frisierten Haare schmieren kann. Die Bedienung befindet sich am Eingang des Pariser „Train Bleu„, inmitten des zur Weltausstellung 1900 gebauten Gare du Lyon. Coco Chanel, Brigitte Bardot, Jean Gabin, Colette, Jean Cocteau und Salvador Dalí haben hier schon gegessen sowie nicht zu vergessen der Mann, vor einigen Jahren. Deshalb hat er schon vor Beginn unserer Beziehung beschlossen, dass bei einem Paris-Besuch auch das „Train Bleu“ auf dem Programm stehen muss.
Wir gehen also erst einmal an die Bar und trinken einen Aperitif. Das hätte man ja anstelle der „freundlichen“ Begrüßung auch vorschlagen können.
Als wir ausgetrunken haben, hat das Restaurant VOR exakt zehn Minuten geöffnet. Wir versuchen erneut unser Glück bei Fräulein Rottenmeier und werden tatsächlich in den riesigen, mit Wand- und Deckengemälden verzierten Speisesaals gebracht.
Der Weg zur Toilette ist von unserem Tisch aus kurz, die Kellner behalten wir dank der direkt neben uns befindlichen Anrichtestation auch immer im Blick.
Die umliegenden asiatischen Touristen haben bestimmt auch – wie ich – vor drei Monaten reserviert. Warum sollten sie sonst bessere Tische haben?
Wir beschliessen, uns die Laune nicht verderben zu lassen – schliesslich hat der Mann Geburtstag und wir haben Karten für einen anschliessenden nächtlichen Besuch des Eiffelturms.
Wir wälzen also die Speisekarte und beschliessen dann – man ist nur einmal jung – das Champagnermenü zu bestellen.
Als erstes kommt eine Jakobsmuschel in einem Seeigel. Hört sich lustig an, sieht auch lustig aus. Schmeckte aber sehr gut.
Die anschliessende Foie Gras war etwas ungerecht verteilt – auf meinem Teller befanden sich zwei Drittel, während der Mann deutlich weniger (und dazu noch umgekippt) auf seinem hatte.
Während wir auf den nächsten Gang warteten, bewunderten wir die Auswahl an original französischen Soßen: Tabasco und Worcester.
Die Spezialität des Chefs wird uns serviert, ein Fischkuchen. Da hat der Chef recht, den kann er wirklich gut.
Zur Erfrischung ein Apfelsorbet:
Das wurde mit einem furchtbar künstlich grünen Likör übergossen, der angeblich ebenfalls Anteile von Apfel in sich hatte.
Das Geheimnis der Soßen wurde gelüftet: Mit ihnen wird Steak Tartare angemacht. Zum Glück nicht für uns, die Japaner, denen es vorgesetzt wurde, wirkten aber auch nicht besonders zufrieden.
Nach dem Rinderfilet war ich bereits pappsatt, aber es ging noch weiter.
Ein bisschen Sahne auf Ananas-Carpaccio, bevor das eigentliche Dessert folgte:
Eine Tiramisu-Interpretation, mit deren Kalorien man drei Wochen überleben konnte.
Gegessen haben wir gut und auch die Kellner tauten immer mehr auf. Trotzdem merkt man dem Train Bleu an, was es ist: Eine Touristenattraktion, die von ihrer Geschichte lebt und die es nicht unbedingt darauf anlegt, dass man noch einmal wiederkommt.
LE TRAIN BLEU – Gare de Lyon – 75 012 PARIS
http://www.le-train-bleu.com/fr/index.php
Ist das schön ……..
Ich glaube, ich würde mir eh andauernd die Umgebung anschauen , da reicht dann auch ein Baguette, etwas Käse und guter Rotwein. Macht den Besuch dann etwas preiswerter, zieht aber sicherlich die Mundwinkel von Fräulein Rottenmeier noch mehr nach unten !