Schatzmann? Als ich das großformatige Kochbuch „Mis en place“ von eben diesem Schatzmann in den Händen hielt, klingelte irgendwas. Nach einiger Gedächtniskramerei hatte ich es: Klaus Schatzmann, der Liechtensteiner Sternekoch, von dem Simone immer so schwärmt.
Simone ist gebürtige Liechtensteinerin und quasi mit Schatzmanns Gerichten aufgewachsen. Was liegt da näher, als sie zum Kochen einzuladen – schließlich kann sie sehr gut beurteilen, ob die nach dem Buch gekochten Gerichte auch wirklich „nach Schatzmann schmecken“.
Simone und Sandra kochen Schatzmann bei 32 Grad
Die Küche ist der wärmste Raum unserer Wohnung. Aber selbst die 32 Grad Außentemperatur können uns nicht abhalten. Bewundernd blättert Simone in dem großen, sehr edel wirkenden Kochbuch. Gestaltet hat es Carola Schatzmann, eine der Töchter von Klaus Schatzmann. Simone ist gerührt wegen der Familienfotos, der Danksagungen und dem Innenumschlag, bei dem eine Grafik aus der Speisekarte aufgegriffen wurde. Nun aber ran an die Rezepte, von denen ich zwei ausgesucht habe.
Kindheitserinnerung in Suppenform
Los geht es mit dem Triesener Süppli. Das war immer Bestandteil von Simones „Kindermenü“. Erst das Süppli, dann ein Geschnetzeltes und als Abschluss weiße und braune Mousse au chocolat.
Seitdem isst Simone die Mousse nicht mehr woanders, „weil niemand die so hinbekommt wie Schatzmann“. Wie gut, dass das Rezept für die Mousse auch im Kochbuch ist, auch, wenn wir es heute nicht nachkochen.
Die Ravioli für die Suppe habe ich bereits am Wochenende vorbereitet und roh eingefroren. Da ich Raviolineuling bin, war die Herstellung ziemlich anspruchsvoll, hat sich aber hoffentlich gelohnt.
Die von mir aus dem Weckglas gezauberte Rinderbrühe wird von Simone schon mal gelobt: „Riecht zumindest wie bei Schatzmann!“
Die Rezepte werden von ganzseitigen tollen Fotos begleitet. Kein Wunder, dass mir da ins Auge fällt, dass etwas in der Suppe schwimmt. „Brunoise“, sagt Simone. Aha. Also würfeln wir Zucchini und Möhren winzigklein und sinnieren, worin die wohl angeschwenkt werden. Wir entscheiden uns für Butter.
Die Ravioli kochen in ihrem Wasser, die Brühe vor sich hin und wir richten an. Noch ein bisschen Schnittlauch und schon fertig.
Simone vergibt die Bestnote „wie bei Schatzmann“ und ich bin ziemlich überrascht. Ich mag keine Suppe. Ich mag keine Petersilie. Aber das Triesener Süppli, das mag ich. Sehr sogar.
Fast Fisch
Die Zitronengelee-Würfel sind seit gestern ordentlich fest geworden und schmecken schon solo ziemlich interessant: Säure und ein Hauch Schärfe vom Cayennepfeffer. Mir gefällt, dass hier Agar Agar statt Gelatine zum Einsatz kommt – wenn auch nur dem Umstand geschuldet, dass es in die heiße Flüssigkeit gerührt wird.
Die Seezunge habe ich auch schon im Vorfeld gehäutet und filetiert, so dass wir „Fast Food“ zubereiten. Naja, fast. Einen Mixer habe ich nicht, da muss der Zauberstab her. Und der kämpft mit der Petersilie für die Soße. Wir kämpfen mit dem Zauberstab. Zum Schluss ist die Soße hellgrün, uns reicht das.
Nach dem Kampf geht es aber tatsächlich fix. Die Kräuter werden gehackt, ich bin sehr gespannt auf die Kombination aus Salbei, Estragon und Basilikum. Kräuter, Fisch und Parmesan/Butter verschwinden im Ofen und können kurze Zeit später schon wieder raus.
Wir richten an und Simone gelingen trotz Handelsüblicher Ölflasche und nichtvorhandener Pipette Öltropfen. Sieht schon mal dem Foto aus dem Kochbuch ähnlich.
Wenn das nicht Aromenküche ist, was dann. Ist das lecker. Die Aromen der Kräuter sind trotz der kurzen Zeit in den Fisch eingezogen und die Zitronenwürfel passen hervorragend. Ich bin froh, dass ich vergessen habe, das Brot aufzutauen – Beilage braucht das Gericht nicht.
Ich bin quasi Sterneköchin
Ich habe auf Sterneniveau gekocht! Also zumindest habe ich ein Gericht eines Sternekochs nachgekocht. Und es war nicht – wie befürchtet – kompliziert, benötigte keine tausend Zutaten und keine Schäumchen. Sicherlich gibt es in „Mis en place“ auch anspruchsvollere Gerichte, aber eben auch solche, die man ohne größeren Aufwand hinbekommt. Sogar so gut, dass noch ausreichend Zeit bleibt, die kleinen Schatzmann-Kolumnen zu lesen, die zwischen den Rezepten eingestreut sind.
Am 17. Juli schließt der Liechtensteiner Sternekoch sein Restaurant in Triesen und übergibt das angeschlossene Hotel seiner Tochter Anja. Schatzmann-Fans sollten sich daher unbedingt das gerade erschienene Koch- und Geschichtenbuch „Mis en place“ zulegen. „Mis en place“ ist aber auf jeden Fall auch für Menschen geeignet, die noch nie bei Schatzmann gegessen haben.
Auch für Nicht-Liechtensteiner geeignet
Ein sehr klar und edel gestaltetes Kochbuch, mit schönen Rezepten, mit denen man durchaus Eindruck schinden kann. Dazu gibt es neben netten Schatzmann-Kolumnen (die auch für nicht Liechtensteiner und nicht Schatzmann-Kenner verständlich sind) auch viele Grundrezepte.
„Mis en place“ kostet 29,90 Euro und ist in Deutschland exklusiv bei Goldhahn und Sampson in Berlin (im Laden und demnächst auch online) zu haben.
Das Buch wurde mir von der Familie Schatzmann unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Auf den Inhalt dieser Rezension hat jedoch niemand Einfluss genommen.
Herzlichen Dank an Simone, die sich von Hitze und anderen Widrigkeiten nicht davon hat abhalten lassen, in meine Küche zu kommen und mit mir nach Schatzmann zu kochen!
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