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Abhörstation auf dem Teufelsberg

Statt der geplanten (und im Rohbau erichteten) Wehrtechnischen Fakultät der „Welthauptstadt Germania“ entstand zwischen 1950 und 1972 der Teufelsberg. Bis zu 800 LKWs täglich luden ca. 2/3 der Trümmer aus dem zerstörten Berlin an dieser Stelle ab. Ab 1972 wurde der Berg bepflanzt und als Sportareal hergerichtet – sowohl für Kletterer, aber auch für den Wintersport. Auch am Weinanbau versuchte man sich und baute das „Wilmersdorfer Teufelströpfchen“ an.

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Schon ab 1957 nutzen die Alliierten den Teufelsberg, um mit einer mobilen Anlage den Luftraum zu überwachen. Die noch zu besichtigenden Anlagen mit den fünf Antennenkuppeln wurden von den Engländern, hauptsächlich aber von der amerikanischen NSA betrieben und diente zur Abhörung des gesamten Warschauer Pakts. Täglich arbeiteten dort zwischen 800 und 1200 Personen in Räumen ohne Fenster und unter strengster Geheimhaltung.

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1991 zogen die Amerikaner und Briten ab, die Gebäude wurden noch zur zivilen Luftüberwachung genutzt. Das Gelände wurde jedoch vom Berliner Senat an die Investorengemeinschaft Teufelsberg verkauft, die dort ein Tagungszentrum und exklusive Wohnungen errichten wollte. Aufgrund finanzieller Probleme und Bürgerprotesten wurde dieses Vorhaben nicht realisiert – eine Musterwohnung steht jedoch ebenso wie die Fundamente eines weiteren geplanten Gebäudes. Ab 2003 war kein Wachschutz mehr vor Ort, aufgrund massivem Vandalismus und Diebstahl (bspw. von Kupfer) ist jedoch seit 2005 wieder ein Sicherheisdienst vor Ort. Auf eigene Kosten, dafür darf er die Einnahmen aus Vermietung und Besichtigungen behalten.

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2008 legte eine Gruppe um David Lynch den Grundstein für eine vedische Friedensuniversität. Auch dieses Vorhaben wurde nicht umgesetzt.

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Tatsächlich wohnen auf dem Gelände einige „Künstler“ aus dem Umfeld des Tacheles, die gegen das Versprechen, aufzuräumen, den kleinen Radarturm nutzen. Aufgeräumt sieht es nirgendwo aus, die Künstler bestehen aber auf Plakat und wortgewaltig darauf, nicht fotografiert zu werden.

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Seit Februar 2011 bietet der Kulturverein Teufelsberg Führungen durch die alte Abhörstation an. Trotz des Sicherheitsdienstes trifft man auf viele Leute, die „mal eben“ durch den Zaun geschlüpft sind. Das sie nicht aus kulturellem Interesse hier sind, zeigen die vielen Party-Überreste, eingeschlagenen Fenster, zerstörten Gebäude.

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Das, was zu besichtigen ist (vieles ist aufgrund des Zustandes nicht begehbar), gibt einen kleinen Einblick. Größenteils bleiben jedoch Fragezeichen, so wurde zum Beispiel das von den Amerikanern genutzte Gebäude vor der Aufgabe vollständig entkernt. Beeindruckend sind die Kuppeln, welche die Abhöranlagen zum einen vor Wind und Wetter geschützt haben, aber auch verhinderten, dass jemand sieht, worauf sie gerichtet sind. Gerüchten zufolge war eine Parabolantenne dauerhaft auf Honeckers Haus gerichtet. Die oberste Kuppel bietet nach einem relativ stufenreichen Aufstieg ein besonderes Highlight – eine atemberaubende Akkustik. Nach Auskunft unseres Guides bleibt der Hall vom Blasen in eine Bierflasche 18 Sekunden zu hören.

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Bei anderen Stationen braucht es viel Vorstellungskraft, so z.B. der Rezeption, durch die sämliche Soldaten täglich mussten. Ein Haufen eingeschlagener Scheiben und zerstörter Wände – für den Weg zur Pyrolyseanlage, in der Bänder und anderes verbrannt werden konnten, braucht es tatsächlich festes Schuhwerk und Taschenlampen.

Der Tatsache, dass das gesamte Gelände wie ein Hamsterbau mit Gängen verbunden ist, sorgt für ein weiteres Gerücht: Vom Gelände der Abhörstation bzw. bei den Trafohäuschen gebe es einen Eingang in den Führerbunker. Tatsächlich ist es merkwürdig, dass ein solch großes und militärisch bedeutsames Gelände keinen Bunker hat.

Teufelsberg, Teufelsseechausee, 14055 Berlin
Führungen über BerlinSightOut