Die Geschichte eines Orphan Train-Kindes
Worum es geht
In den 1920er Jahren kommt Vivian mit ihrer Familie von Irland nach New York. Bald schon kommt aber ein Teil der Familie bei einem Brand ums Leben, ihre Mutter ist verschollen. Mit einem „Waisenzug“ wird Vivian in den Mittleren Westen geschickt, wo sie von ihren Pflegefamilien ausgenutzt und schlecht behandelt wird.
Ebenfalls schlechte Erfahrungen mit Pflegefamilien hat Molly gemacht, die 2011 Vivian (die mittlerweile 91 Jahre alt ist) kennenlernt, als sie bei ihr Sozialstunden ableistet. Im Laufe der 50 Stunden zeigt sich, dass die beiden mehr gemeinsam haben, als es ursprünglich scheint.
Nach einer wahren Geschichte
Über 250 000 Waisenkinder wurden zwischen 1854 und 1929 aus dem amerikanischen Ostens zu Farmerfamilien in den Mittleren Westen geschickt. „Arbeit, strenge Erziehung und ein starkes Familienleben“ sollten aus den Waisenkindern selbstständige Menschen machen. Tatsächlich wurden viele Kinder wie Vieh verkauft und zur Arbeit eingesetzt. Christina Baker Kline hat mit einigen von ihnen gesprochen, auf ihren Geschichten beruht der Roman. Wenn man den Anhang zur Historie vorher liest, wird noch deutlicher vor Augen geführt, dass es sich nicht nur um eine „Geschichte“ handelt, sondern viele Kinder ähnliche Schicksale wie Vivian erlitten haben.
Wie es gefällt
„Zug der Waisen“ verknüpft zwei Perspektiven: Zum einen die der Ich-Erzählerin Vivian von 1920 bis in die 1940er Jahre, zum anderen wird über Molly in der Gegenwart berichtet. Diese Zeit- und Perspektivwechsel sind gut gelungen und sorgen für Abwechslung, generell lässt sich das Buch sehr gut lesen. Durch die Romanform kann das schwierige Thema der amerikanischen Geschichte einer breiteren Masse bekannt gemacht werden. Literatur zu den „Orphan Trains“ gab es nämlich schon durchaus vor dem Buch von Baker Kline, diese führt sie im Anhang auf.
Allerdings wird durch das Happy End, mit dem alle Probleme aller Beteiligten auf wunderbare Weise gelöst werden, die Tragik der Geschichte ziemlich relativiert. Ein bisschen weniger rosaroter Zauberstaub hätte nicht geschadet.
Bonus-Material
Christine Baker Kline (Anne Fröhlich): Der Zug der Waisen*
Goldmann Verlag
19,99 Euro
Dieses Buch wurde mir vom Verlag als kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Auf den Inhalt dieser Rezension hat der Verlag und/oder der Autor dieses Buches keinen Einfluss genommen.
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