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Lindau im Bodensee

Lindau liegt im Bodensee. Nicht ganz Lindau, aber die Insel, auf der ich vier Tage zu verbringen gedenke. Schon im Vorfeld wird mir klar, dass das ziemlich ambitioniert ist, schliesslich ist die Insel gerade einmal 0,68 km² groß. Ich gehe davon aus, spätestens am dritten Tag mit der Hälfte der 3.000 Einwohner bekannt zu sein.

Zwischen Schönheitsklinik und Diebesturm – Lindauer Sehenswürdigkeiten

Trotz seiner überschaubaren Größe hat Lindau einige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Die kann man auf eigene Faust erkunden, oder im Rahmen eines Stadtrundganges. Bei dem erfährt man dann auch, dass einige Erker früher Aborte waren und immer zwischen zwei Häusern eine Lücke für die Abwässer war. Erst waren die Gänge sehr eng, weil aber teilweise Schweine darin stecken blieben und niemand sie retten konnte, mussten die Gänge „einen Hammerschlag breit“ sein. Mit Einführung des Wasserklosetts wurden die Lücken zugebaut, oder als Gassen genutzt.

Außerdem, dass man die Häuser unten möglichst schmal gebaut hat (um Steuern zu sparen) und deshalb manche Häuser „Ausbeulungen“ in den oberen Etagen haben, damit der Schrank auch in die Stube passte. Ausbeulungen weisen auch manche Türen auf – wenn nämlich das bestellte Weinfass nicht durch die Tür passte, wurde eben die vergrößert. Das Erdgeschoss wurde in Lindau als Keller genutzt, weil es meist feucht war. Noch heute wohnt man auf der Insel erst ab dem ersten Stock.

In Lindau ist es Sitte, sein Wappen an sein Haus anzubringen – jedoch auch das Wappen der Vorbesitzer stehen zu lassen. Schliesslich mussten die ihr Haus oft verkaufen, weil es ihnen schlecht ging. Einige Häuser wurde auf der Stadtmauer gebaut – dann mussten die Bewohner zwar keine Steuern für das Haus zahlen, es aber im Belagerungsfalle räumen, um die Soldaten einzulassen.

Direkt am Hafen befinden sich Leuchtturm und Löwe. Um die bayerisch-schwäbische Verwirrung komplett zu machen: Der Leuchtturm gehört zu Baden-Württemberg, weil er der Badischen Schifffahrtsgesellschaft gehört. Dafür zeigt der Löwe mit dem Hintern nach München, weil sein Baumeister angeblich nicht nach dem Aufstellen bezahlt wurde.

 

Der alte Leuchtturm ist der Mangturm. Der heißt nicht so nach dem ansässigen Schönheitschirurg, sondern wegen des Tuch- und Manghauses (Mang von „Mangeln“ = Wäsche glätten).

Mang(en)turm, ehemaliger Leuchtturm

Die Klinik des namensgleichen Schönheitschirurgen kann man übrigens auch sehen, wenn man dem Uferweg folgt, besonders sehenswert ist das Gebäude aber nicht. Dafür steht vielleicht – wie bei uns – abends ein telefonierender Schweizer in Engelshemdchen und mit Trombosestrümpfen vor dem Haupteingang.

Altes Rathaus mit bayerischer Lüftelmalerei und Verkündbalkon

Diebesturm

Einträchtig nebeneinander liegen das katholische Münster Unserer lieben Frau und die evangelische Stephans-Kirche. Dabei hat das Münster in seiner Geschichte deutlich mehr Pech gehabt. Nicht nur, dass Blitzeinschlag die Kirche ausgebrannt hat, weil der Blitzableiter nur auf der angeblich höhereren evangelischen Kirche war, die neue Konstruktion des Daches hat auch nur etwas über 30 Jahre gehalten, bevor das Dach nach der Sonntagsmesse herunter gekommen ist.

Interessant sind die Bänke in St. Stephan, teilweise sind es sehr alte Bänke, teilweise lassen sich die Rücklehnen umklappen, so dass man sich in beide Richtungen setzen kann.

Narrenbrunnen

Der Milchpilz wurde in den 50er Jahren zur Verkaufsförderung von Milch und Milchprodukten aufgestellt.

 

Alles gesehen – und nun?

Boot fahren bietet sich in Lindau an. Zum Beispiel eine einstündige Rundfahrt in die Bregenzer Bucht. Da gibt es allerdings außer der Bregenzer Festspielbühne von hinten nicht viel zu sehen. 1946 fanden übrigens die ersten Festspiele in Bregenz statt, damals diente ein Lastkahn als Bühne, auf einem zweiten saß das Orchester.

Eine weitere Ausflugsmöglichkeit ist Mainau – drei Bootsstunden braucht man für die Fahrt auf die Blumeninsel.

Wenn das Wetter schlecht ist, kann man zum Beispiel ins Lindauer Stadtmuseum gehen. Das große Gebäude waren früher einzelne Häuser, die von Schweizer Bauleuten umgebaut werden sollten, weil sie günstiger waren, als die Lindauer. Nachdem die Lindauer Bauleute sie vergrault hatten, fiel ihnen ein, dass sie noch nie so ein großes Holzdach gebaut hatten. Aber Schiffe…

Wenn das Wetter gut ist, setzt man sich einfach auf eine der zahlreichen Bänke am Ufer und schaut dem Bodensee und den Tieren zu.

Enten entern Lindau

Nicht Maui, sondern Bodensee

Regen-Spatzen

Römerschanze, Hotel oder Pension – Lindau bietet viele Übernachtungsmöglichkeiten

Während die lokalen Punker auf der Römerschanze kampieren und von dort morgens eine Blechdose an der Angel zum Kleingeldsammeln herablassen, hat der normale Tourist auch andere Möglichkeiten. Zahlreiche Hotels säumen die Hafenpromenade und auch ansonsten gibt es viele Übernachtungsmöglichkeiten. Wir haben im „Hotel Bayerischer Hof“ genächtigt. Tolles Frühstück, absolute Hafennähe, aber preismässig sehr hoch angesiedelt und auf deutlich älteres Klientel eingerichtet.

 

Essen in Lindau

Lindau ist in Bayern, aber schwäbisch. Das versteht vermutlich nur ein Ruhrgebietler aus Nordrhein-Westfalen. Deshalb aber gibt es in Lindau Laugengebäck, Brötchen heißen aber Wecken und nicht Semmeln. Weißwurst habe ich nur auf dem österreichischen Schiff nach Mainau gesehen. Bier gibt es, aber auch Wein, der Bodensee ist eine Weingegend. Ich persönlich empfehle den Müller Thurgau vom Nonnenhorner Sonnenbichl.

Da Lindau also schwäbisch ist, gibt es lauter leckere Dinge wie Maultaschen, Käsespätzle und Zwiebelrostbraten. Lokale Spezialität ist das Bodenseefelchen, ein „wohlschmeckender Speisefisch“.Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das Vorkommen des Bodenseefelchen zurückgeht, da durch ebenfalls zurückgehende Verschmutzung und Algenbildung des Bodensees nicht mehr ausreichend Nahrung vorhanden ist. Der Mann hat ihn trotzdem gegessen und bisher keine erkennbaren Schäden davongetragen.

Ich habe aufopferungsvoll alles durchprobiert und kann zum einen das Cafe Corner (an der Seite des Hotels Bayerischer Hof) mit direktem Blick auf den Hafen, zum anderen das Gasthaus zum Sünfzen, die ehemalige Trinkstube der Patrizier, empfehlen. Nicht so überzeugend war das Essen im Biergarten des Gasthof Stift.

 

Pfifferlinge klassisch: Semmelknödel in einem See von Sahne und Pfifferlingen

Patriziertopf mit Spinat-Spätzle

Nicht so leckerer Zwiebelbraten

Kleiner Bahnhofs-Exkurs für Anne Schüßler

Pro: Der Lindauer Hauptbahnhof liegt direkt am Hafen, was besonders dann nett ist, wenn man eine Bootsfahrt machen möchte. Außerdem hat er schöne Lampen.

Contra: Durch die Gleise zum Bahnhof ist die Insel ein bißchen gespalten. Und der Bahnhof ist doch etwas heruntergekommen.

Geheimtipp: Im Hauptbahnhof ist einer der am besten sortierten Zeitschriftenläden, die ich kenne. Die hatten alles, Sweet Paul, Lecker Bakery, Fräulein, Couch. Und noch viel mehr.

Besser nicht: Sich auf die Uhr in der Wartehalle verlassen. Die ist nämlich genauso kaputt wie die meisten Türen.

Die Tour: In der angebauten Bäckerei zwei Laugenwecken erstanden, danach in den Zeitschriftenladen in der Wartehalle. Dann ein wenig die Wartehalle fotografiert und durch die nicht defekte der zwei Türen wieder raus.

 

 

Weitere Bahnhofsrezensionen finden geneigte Leser bei Anne Schüßler.

 

Rentner, Blumen und Hochzeitspaare: Insel Mainau

Drei Stündchen mit dem Boot von Lindau über den Bodensee geschippert, und schon ist man da: Auf der Insel Mauritius Mainau.

Motto des Jahres 2012 ist „Inseln des Südens“ – daher die Palmenecken.

Selbstverpflegung ist die beste Wahl auf der Insel Mainau

Der erste Weg führt zum Essen, schliesslich macht Boot fahren hungrig. Den Würstle-Grill entdecken wir leider erst bei unserer Abfahrt, wir wählen den Selbstbedienungs-Biergarten. Kann man machen, muss man aber nicht: Rote Wurst ist eher nix, Kuchen lecker. Also Kuchen essen oder einfach vom Bäcker eine Brezn mitbringen.

Subtropische Temperaturen schrecken weder Rentner noch Brautpaare ab

Der am Eingang verteilte Plan der Insel Mainau ist sinnvoll, ansonsten würde man vermutlich zwischen Schwedenturm, Schmetterlinghaus und Blumen hin und her irren. Dabei wäre man allerdings nie allein, bei subtropischen Temperaturen erkunden wir mit einer Menge motivierter Renter die „Blumeninsel“. Die zeigt sich von ihrer schönsten Dahlienseite, was auch die anwesenden Brautpaare (sieben, denen wir begegnet sind) freut.

Schwedenturm

 

Schloss

Wilde Tiere in freier Wildbahn

Im Schmetterlingshaus, in das sich (wegen noch subtropischerer Temperaturen) allerdings nur der Mann gewagt hat, gibt es 80 verschiedene Schmetterlingsarten zu beobachten. Einem riesigen blauen Exemplar ist die Flucht geglückt, der flatterte über der Blumen-Wassertreppe. Da war er in guter Gesellschaft, in fast jeder Blume tummelten sich kleinere Kollegen oder fleissige Bienen.

Blumen-Wassertreppe ohne blauen Schmetterling

 

 

Dufte Sache, die Insel

Blumen sind dann besonders toll, wenn sie duften – das tun sie auf der Insel Mainau. Und dabei sehen sie noch wunderschön aus.

 

 

 

 

Für Kinder gibt es auf Mainau einen tollen Spielplatz, für Erwachsene Wein – so wird jeder glücklich. Besonders glücklich kann sich die Adelsfamilie Bernadotte schätzen, der gehört die Insel Mainau nämlich. Und da die Adelsfamilie regierendes Geschlecht des Königreichs Schweden ist, hat Mainau einen Schwedenturm, eine Schwedenschenke und ein blau-gelbes Schildchen am Bodensee-Blumen-Relief.

 

 

Esel, der sich vor Glück auf dem Rücken rollt

So schön ist die Insel Mainau, dass sich sogar ein sehr bekannter und gelber Amerikaner an einem Brunnen inmitten von Engeln hat verewigen lassen:

 Die Insel Mainau ist ganzjährig von Sonnenauf- bis -untergang geöffnet. Erwachsene zahlen 16,90 Euro, das Kombiticket inkl. Bootsfahrt von Lindau kostet 43 Euro.