In Bad Schwartau aufgewachsen, in Berlin wohnhaft – da kann es schon mal passieren, dass Bodo Wartke die Krefelder Multifunktionshalle als „Seidenweberhalle“ bezeichnet. Es kann aber auch passieren, dass er von einer einzelnen Dame aus seinem eigenen (sehr bunt gemischten) Publikum postwendend korrigiert wird. Es handelt sich selbstverständlich um das „SeidenweberHAUS“.
Eine Steilvorlage für Wartke, der nicht nur den ein oder anderen Lacher mit der Stilkritik am Seidenweberhaus einfährt, sondern auch ein passendes Lied für die Architekturlandschaft Deutschlands im Repertoire hat. „Passend“ sind die Stücke des Fans von „benutzerdefinierten Liebesliedern“ sowieso, im Zweifelsfall schreibt er eben unterschiedliche Texte für verschiedene Altersfreigaben:
Während der erste Teil des Programms noch durchweg eine „Lachnummer“ ist, geht es im zweiten Teil ernster weiter. Gelacht wird zunächst trotzdem, während Wartke die Gema-Einteilung in E(rnsthafte)- und U(nterhaltungs)-Musik erklärt und sich redlich bemüht, seine U-Musik-Stücke mit Hilfe von Boxhandschuhen und Mundschutz in E-Musik zu wandeln. Mit der Arie des Vogelfängers aus Mozarts Zauberflöte tritt Wartke den Beweis an, dass auch E-Musik Spaß machen kann. Die Interpretation mit Hüftschwung, Mundharmonika und angepasstem Text begeistert auf jeden Fall das Publikum. Gegen Ende des Programms wird es dann tatsächlich ernsthaft, spätestens bei der Ballade für Wartkes als Baby verstorbene Schwester kann man Stecknadeln fallen hören.
Ein schönes Programm mit vielen Facetten, unterschiedlichen Instrumenten (Ukulele!) und Themen. Klaviersdelikte wird (gefühlt) in diesem Jahr an jedem Tag aufgeführt (was nicht stimmen kann, da Wartke mit drei unterschiedlichen Pogrammen tourt), Karten gibt es in seinem eigenen Shop. Wer keine Karten mehr bekommt, kann sich als Ersatz die Live-DVD bestellen (am besten direkt bei Bodo Wartke):
Achtung Spoiler: Wer noch Karten für „Klaviersdelikte“ ergattert hat, sollte sich das folgende Video NICHT anschauen!
Wenn es eher in die Swing-Richtung zieht, der wird Freude an Bodo Wartkes neuem Projekt „Swingende Notwendigkeiten“ haben, mit dem er ab Mai 2014 tourt:
Wie Bodo Wartke es bei all den Tourterminen noch schaffen will, sämtliche seiner Frauenvornamen-Strophen einzusingen und als kostenlose Klingeltöne auf seiner Homepage zur Verfügung zu stellen – keine Ahnung. Ich warte jedoch gespannt.
P.S.: Einziger Kritikpunkt war der Veranstaltungsort – egal ob Halle oder Haus, es hatte den Nachteil, dass im Parkett keinerlei Steigung war und ich somit einen Großteil des Abends Hörspiel hatte. Bei einer Körperlänge von über 1,80 Metern eher ungewöhnlich. Totales Chaos brach in der Tiefgarage aus, von unserm Parkplatz bis zur Parkhausausfahrt haben wir nahezu eine Stunde gebraucht.