Rolf Fliegauf ist 34 und hat das geschafft, wovon viele seiner älteren Kollegen träumen: Er hat zwei Sterne. Mit 29 Jahren war Fliegauf der jüngste Koch Europas, der zwei Sterne erhalten hat. Eigentlich hat er sogar vier, denn sowohl das Restaurant Ecco in Ascona, in dem er seit 2007 kocht, als auch das „Ecco on Snow“ wurden mit jeweils zwei Michelin Sternen ausgezeichnet. Ich habe im Ecco gegessen und mich am nächsten Tag mit ihm unter anderem über den Abschied von der Molekularküche, gutes Brot und Spaß am Essen unterhalten.
Warum bis du gerade ins Tessin gegangen?
Ich habe vorher im Lenckerhof gearbeitet und dort die Familie Frutiger kennengelernt, die das Hotel geleitet haben. Als sie das Hotel Giardino übernommen haben, haben sie mich gefragt, ob ich mitkommen möchte, da sie ein Restaurant hatten, für das das Konzept noch nicht stand und was sie mir anvertrauen wollten. Es war also eine berufliche Wahl und ging nicht primär ums Tessin.
Aber mittlerweile identifizierst du Dich mit dem Tessin?
Mittlerweile definitiv. Am Anfang war das überhaupt nicht so, dafür kannte ich auch die Region zu wenig. Und das Tessin ist ja doch sehr mediterran, wir wollen aber jetzt nicht unbedingt eine mediterrane Küche machen. Das gibt’s hier auch zuhauf. Natürlich verwenden wir mediterrane Produkte und haben wir ein paar Gerichte auf der Karte, die in die mediterrane Richtung gehen. Wir nutzen aber die Produkte von hier, um eine moderne deutsch-schweizerische Küche zu machen.
Bei deinen Gerichten habe ich zum Beispiel den lokalen Reis gefunden. Ihr bevorzugt also regionale Produkte?
Wir versuchen das zu nehmen, was vor der Haustüre wächst. Wir möchten eine moderne Küche machen aus Produkten, die jeder kennt und den Gästen näher zu bringen, was man aus verschiedenen Produkten machen kann. Dass eine Erdbeere nicht nur geschnitten und gezuckert werden kann, beispielsweise. Vor allem glaub ich, dass die Küche dann auch verständlicher ist für die Gäste, wenn sie das Grundprodukt kennen. Ein bisschen Kindheitserinnerungen – Sauerampfer spielt zum Beispiel eine große Rolle bei uns. Das kennen ganz viele Leute noch aus ihrer Kindheit von den Wiesen, wo sie das gegessen haben.
In England hatten wir in gehobenen Restaurants immer gefühlte zwanzig Komponenten auf dem Teller. Deine Teller sind viel klarer.
Wir hatten früher auch 15 verschiedene Komponenten, immer fruchtig und scharf und sauer und noch was Herbes, alle Sinne ausgereizt . Da habe ich des öfteren gehört, dass manche Gäste mit dem Essen völlig überfordert waren. Ein Gast sagte noch vor dem Hauptgang, dass er aufhören muss, weil er eine Aromenübersättigung hat.
Es muss sehr klar sein, zu viel überfordert die Gäste, überfordert den Gaumen und macht irgendwann kein Spass mehr zu essen. Und Essen soll Spaß machen. Wenn Köche da sind oder geübte Esser oder Leute, die sich viel mit gehobenem Essen befassen, dann ist das was anderes, aber wir kochen ja nicht primär für solche Leute, sondern für ganz normale Gäste.
Ich bin mittlerweile der Meinung, je klarer das Ganze ist, umso besser sind die Gerichte, umso mehr kommen die Balancen durch. Als Beispiel unser Gang mit der Rotbarbe und der Artischocke und der Tomate, was sehr säurebetont ist, leichte Specknoten hat, also so ein bisschen was Rauchiges, das Erdige durch die Artischocke. Wenn da jetzt noch fünf, sechs Komponenten drauf wären hätte man nicht mehr so den Fokus auf das Gericht an sich oder die Idee dahinter.
In meinem Reiseführer steht, dass du Molekularküche machst – dabei ist das doch schon länger Geschichte.
Das ist schon relativ lange Geschichte. Wir sind hier ins Tessin gekommen und wollten etwas Neues machen, aber nicht so, dass es nichts Vernünftiges mehr auf dem Teller gab. Es gab früher schon Steinbutt und Hummer und dann gab es einfach ein bisschen Schäumchen und ein bisschen Kügelchen und wir haben da am Tisch mit Stickstoff hantiert und eben eine unglaubliche Geschmacksvielfalt an Aromen eingebaut.
Davon hast du dich weg entwickelt.
Ja, man entwickelt sich und man wächst auch mit seinen Aufgaben. Auch mit dem Alter, mit der Erfahrung. Es sagen ja sehr viele große Köche „Weniger ist mehr“ und es war für mich noch vor sechs, sieben Jahren, als ich hier angefangen habe, unvorstellbar, wie man so eine Aussage treffen kann. „Mehr ist immer mehr“ fand ich. Mittlerweile kann ich das völlig nachvollziehen, weniger ist viel mehr. Wir sind quasi ein paar Schritte zurück gegangen, haben uns ein bisschen zurückgenommen. Wir haben viel auf dem Teller weggelassen und haben dadurch einen enormen Schritt nach vorne gemacht.
Mir hat das Menü gestern auch wirklich Spaß gemacht.
Das ist auch schön, das soll es auch sein. Da sollen ein paar witzige Sachen dabei sein, Dinge dabei sein, wo man sich fragt was das ist. Wo das Auge natürlich auch mitisst, wo die Nase mitisst, wo das Mundgefühl passt. Da legen wir auch sehr sehr viel Wert darauf, dass es nicht nur weich ist, sondern dass es da unterschiedliche Konsistenzen gibt, viel Crunch dabei – es gibt kein Gericht, wo nichts Knuspriges dabei ist. Das geht nicht, das gibt’s nicht. Es ist meine Überzeugung, dass wir unseren Gästen ein besonderes Erlebnis und vor allem Spaß bereiten.
Warum gibt es bei dir keine Sättigungsbeilagen?
Ich finde zu einer leichten modernen Küche gehört auch dazu, dass es nicht unbedingt Sättigungsbeilagen gibt. Es war auch immer mein Ziel, die Küche zu entfetten, also auf so viel Fett wie möglich zu verzichten. Deswegen gibt’s bei uns eigentlich kaum Sahnesaucen oder Saucen, die gebuttert sind und wenn, dann nur ganz leicht. Oder Pürees, die nicht mit Sahne und Butter gekocht sind, sondern aus dem Produkt selbst bestehen, zu 100 Prozent. Vermisst man es?
Nein, gar nicht. Allerdings bin ich ein Kohlehydrat-Junkie.
Ja, ich auch, aber nur im Brotbereich. Auf Kartoffeln, Reis und so kann ich gänzlich verzichten, dass kann ich mit Gemüse und Salat gut ersetzen.
Ich finde, Sättigungsbeilagen kategorisieren auch immer so extrem. Alles, was Nudeln und Gnocchi betrifft ist dann Vollgas-Mediterran, alles was in die Kartoffel-Richtung geht, das ist dann so urdeutsch. Macht ein Essen teilweise auch unglaublich rustikal. Auch wenn die Sachen lecker sind, also ich esse gerne Gnocchi oder ich esse gerne eine Pasta. Und wir machen sicherlich auch mal was mit Kartoffel, aber dann auch jetzt nicht so eine traditionelle Bratkartoffel, sondern bisschen in die andere Richtung. Aber ich finde die Gerichte brauchen es auch nicht.
Brot gibt es bei euch. Wir fanden es nicht nur so lecker, dass wir Nachschlag brauchten, sondern auch das Aussehen toll. Wie ein Ast.
So toll sieht es gar nicht unbedingt aus, wenn man das Brot selber so betrachtet. Aber das ist auch gewollt. Wir haben überlegt, ob wir zum Bäcker gehen und uns Hilfe holen bei der Form des Brotes. Es sieht aus wie ein rustikales hausgemachtes Ding. Das darf es auch, weil es das einfach auch ist.
Vorher hatten wir fünf verschiedene Brötchen mit unterschiedlichen Geschmäckern, Safran, Curry, Lavendel und so. Die kamen vom Bäcker. Damit war ich unzufrieden und hab gesagt, ich würde gerne ein geiles Brot machen. Dann hat jemand in den Raum geworfen, Schwarzbrot zu machen. Ich kenne das von früher, meine Mutter hat zuhause immer Schwarzbrot mit Butter und Kresse gegessen. Dann kam mir das wieder in den Sinn, Schwarzbrot mit Butter und Kresse, das wäre doch eigentlich cool.
Hat auch lange gedauert, fast drei Monate, bis wir das Brot so hatten. Wir sind keine Bäcker und somit tut man sich immer relativ schwer, so etwas zu machen.Viele Leute sind sehr begeistert davon, wobei das Brot polarisiert. Es gibt auch einige Leute, die sagen, sie finden es furchtbar, sie möchten ein anderes Brot.
Wahrscheinlich wegen der Farbe.
Ja, auch. Auch weil es natürlich schon ein heftiges Brot ist. Das hat schon Charakter, durch die Asche, die da drin ist. Dann ist noch sehr viel Malzbier, sehr viel Malzpulver, was das Ganze schon herb und kräftig macht. Ja, ich kann nachvollziehen, dass es nicht jedermanns Geschmack ist. So abends mit Käse würde ich mir auch nicht unbedingt aussuchen.
Ich geh sehr viel essen, also früher mehr, mittlerweile fehlt mir auch die Zeit. Aber ich bin sehr viel essen gegangen und es gab überall immer was was mich gestört hat. Deswegen hab ich gesagt, alles was mich irgendwo stört, versuch ich anders zu machen. Stören tut mich zum Beispiel, wenn ich am Anfang in ein Restaurant komme, dann habe ich Hunger. Dann will ich ein Brötchen essen, dann kommt ein Amuse, dann dauert das oft relativ lange und irgendwann denk ich das ich gerne noch ein Brötchen hätte. Ich muss aber warten, bis der Kellner irgendwann mal mit seinem Brotkorb wieder rumkommt. Im Betrieb, wo es viel Servicepersonal gibt, da kommt alle zwei Minuten jemand und fragt nach dem Brötchen. Wenn es aber ein bisschen knapp ist, dann dauert es einfach mal 20 Minuten, bis jemand mit einem Brötchen kommt oder eine Viertelstunde. Ich will irgendwas, was der Service am Tisch einsetzen kann. Ein warmes Brot, das warm rausgeht.
Eure Teller sind wahnsinnig kleinteilig angerichtet. Wie entsteht so ein Teller und wie lange dauert es dann, bis er für den Gast angerichtet ist?
Wenn in meinem Kopf rumschwebt, dass wir nächste Woche Reh machen und noch Kerbelwurzeln dazu und Holunder und Pinienkerne, dann sehe ich den Teller schon in meinem Kopf.
Wir machen dann viele Probeteller, der Verantwortliche bekommt am Anfang Unterstützung, dann muss er das aber auch alleine hinkriegen, wenn er das fünf, sechs Mal gesehen hat. Alle warmen Gänge richte ich an, der Gardemanger richtet seine Vorspeisen selbst an und die Patisserie richtet ihre Desserts selbst an.
Das Anrichten geht relativ schnell, bei den kalten Gängen kann man das auch etwas vorbereiten. Bei den warmen Gängen ist es dann ein bisschen schwieriger, da kann man natürlich nichts vorbereiten. Viel können wir eh nicht vorbereiten. Die Küche ist so mini und hat viel zu wenig Platz, als das wir da groß was machen können.
Es sind schon sehr sehr viele Kleinigkeiten, die irgendwo drauf sind und vor allem sehr sehr viele kleine Kräuter, die irgendwo dran stecken. Aber es ist eben das, was das Ecco auch ausmacht.
Ich war sehr überrascht, als ich als Zitat von dir gelesen habe „Ich bin kein Künstler“. Deine Teller erinnern mich an kleine Bildchen oder Landschaften.
Ich bin in erster Linie kein Künstler. Ich in in erster Linie Koch. Natürlich soll das, was wie machen, auch Kunst sein. Wenn ich das nicht denken würde, dann wäre ich auch nicht hier, dann würde ich mir das auch nicht antun jeden Tag, muss ich ganz ehrlich sagen.
Natürlich möchten die Gäste überrascht werden – hoffentlich positiv – aber schlussendlich muss ein Gast rausgehen und sagen „Es war lecker, es war gut und es war genug“ Das ist mal primär das Ziel, um das es gehen muss. Das Kochen ist die Pflicht und die Kunst ist die Kür. Und zuerst muss die Pflicht gemacht werden, dann kann man sich um die Kür kümmern.
Wie bindet ihr den Service mit ein, so dass sie wissen, was sie da an den Gast bringen?
Wir wechseln ja nicht die ganzen Menüs, das ist viel zu aufwändig. Wir wechseln einzelne Gänge. Gestern haben wir drei Gerichte gewechselt, einen Appetizer, eine Vorspeise und einen Fischgang. Nächste Woche wechseln wir einen Hauptgang, einen Fischgang und ein Dessert und so machen wir das eigentlich relativ gut im Rhythmus, wie man Zeit haben bzw. wie wir es schaffen.
Wir haben damit angefangen, dass wir, wenn wir ein Gericht auf die Karte nehmen, das ein paarmal kochen. Dann kommt unser Einkäufer, der auch sehr großes Weinwissen hat, der ganze Service, die ganze Küche, alle zusammen. Der Wein wird getrunken und die Gerichte verkostet. Und jeder ist angehalten, seine Meinung dazu abzugeben, weil wir auch in der Küche Feedback haben wollen. Wir können unsere Gerichte immer schon zerlegen und sagen „Da ist ein bisschen viel Säure“ oder „Da fehlt Säure“ oder „Hier ist es ein bisschen langweilig, da braucht es irgendwas, was noch ein bisschen Schärfe mitbringt“ . Aber man ist, wenn man was selber kocht, nicht immer objektiv, was das Ganze anbelangt. Wir wollen auch nicht immer unsere Profi-Meinung, sondern eine Meinung von jemand, der nicht jeden Tag so isst, der nicht jeden Tag so probiert und der einfach auch mal sagt „Oh wow, das ist aber cool“ oder „Ich find´s ein bisschen zu rauchig“.
Gestern hat uns jemand aus eurem Service erzählt, dass der Lenéo zu seinen Lieblingsweinen gehört. Die kennen sich also auch mit Wein aus.
Die leben auch alle gerne, die Jungs, das heißt, die trinken die Weine in ihrer Freizeit und wissen auch, wovon sie reden. Das ist nicht irgendwas, was gelernt ist, sondern die haben die Weine wirklich probiert. Sie trinken gerne Wein, gehen auch auf Weinseminare und so weiter.
In den letzten Jahren haben im Fernsehen Kochsendungen zugenommen – haben die Gäste sich professionalisiert oder glauben die Gäste das?
Vielleicht ist es in den Gedanken der Gäste drin, merk ich aber Null. Was man merkt ist, dass viele Leute sehr viel kochen. Das merkt man schon, ob das mehr geworden ist, kann ich nicht sagen. Leider spiegelt sich das nicht in den Ausbildungszahlen der Köche wieder. Das wäre der bessere Effekt, denn da werden wir irgendwann ein riesiges Problem bekommen. Wir vielleicht in dieser Liga nicht, aber ich sag mal so an „normalen“ Köchen. Man sagt, wenn das zehn Jahre lang so weitergeht, wenn die Ausbildungszahlen weiter so nach unten gehen, dann wird’s in 20 Jahren müssen 40 Prozent aller Restaurants schliessen, weil es keine Köche mehr gibt.
Weil es auch körperlich sehr anstrengend ist und die Arbeitszeiten sehr lang sind?
Ja, wenn man im Büro ist, kann man dann einfach um 17 Uhr den Computer ausmachen oder kann das ein bisschen anders bauen. Wir müssen hier sein, wenn die Gäste da sind und wenn sie lange da sind, sind sie halt lange da. Ich glaube, die Fernsehgeschichte trägt auch nicht unbedingt dazu bei, um wirklich ein ehrliches Bild zu schaffen, was die Gastronomie so angeht. So schön, wies im Fernsehen vorgelebt ist, ist es halt nicht immer. Es ist ein ganz toller Beruf, aber es gibt nicht nur schöne Seiten. Für mich ist das mein absoluter Traumberuf, ich kann mir auch nichts anderes vorstellen. Mir macht das auch nichts aus, am Wochenende zu arbeiten. Im Gegenteil, ich hab viel lieber unter der Woche frei als am Wochenende. Aber wenn junge Leute die Ausbildung anfangen und alle Freunde gehen am Wochenende weg und du bist der Einzige, der immer arbeiten muss … Das ist dann schon hart, wenn man dann noch sehr wenig Geld verdient und viel ackern muss.
Was sagt ein Profi wie du zu jemandem wie Jamie Oliver – ist das reiner Kommerz oder bringt der der Küche was?
Ich hab mir seine Sendung des öfteren angeguckt und muss sagen, dass ich das absolut cool finde, wie der das macht. Das ist ähnlich wie Ivo Adam in der Schweiz hier aus dem „Seven“. Das sind zwei Entertainer, Jamie vielleicht noch in einer anderen Liga, er ist ja unfassbar reich geworden mit dem, was er macht. Vielleicht ist er nicht der beste Koch, aber er hat sich am besten vermarktet und somit hat er alles richtig gemacht. Das ist eine lockere Geschichte, die Sachen, die er macht, die sehen alle lecker aus und sind einfach. Niemand, der sich die Show anschaut will, da irgendjemand sehen, der mit Pinzette drei Blättchen auf irgendein Stück Fisch legt, sondern jemand, der da einfach mit dem Messer mal durch die Kräuter hackt. Und ich finde, der macht das absolut cool. Aber kulinarische Bereicherung für uns Köche sehe ich da nicht drin.
Ich werde oft gefragt, wie ich zu so Köchen wie Schubeck, Lafer oder Lichter mit den ganzen Kochshows stehe. Die sind für mich eine andere Kategorie an Köchen, eher im Entertaining-Bereich. Die haben absolut ihre Berechtigung, die machen auch alles richtig – ich hab bei Henssler im „Ono“ sensationell gegessen.
Natürlich ist das in gewisser Weise Kommerz, aber es ist auch das, was eben auch gefragt ist.
Die Dreharbeiten für das Promigrillen von SAT1 Schweiz sind gerade beendet – was steht außer „Ecco“ und „Ecco on Snow“ noch an?
Wir sind im Oktober zehn Tage für eine Promotion in Bangkok. Im November kochen wir in Stuttgart im Daimler Benz Museum für eine Woche. Im März 2015 sind wir zum zweiten Mal auf dem festival culinaire auf Mauritius.
Wie kommt man als Tessiner Sternekoch dazu, in Bangkok zu kochen?
Das ist eine Promotion der Banyan Tree-Gruppe, die viele tolle Hotels in Asien hat. Und die suchen ab und zu Gastköche. Der Kontakt kam über einen Koch von mir, der dort Praktikum gemacht hat, um bei denen so ein bisschen mit rein zu gucken. Wir haben eh Urlaub zu der Zeit und daher passt es ganz gut. Es ist sehr schön, woanders mal ein bisschen was zu machen.
Dann gibt’s da eher Asien inspirierte Küche?
Früher wurde bei solchen Veranstaltungen schon mal eine Richtung vorgegeben. So etwas mach ich nicht mehr. Das ist unsere Richtung, das ist Ecco, das bin ich. Wir stehen da mit unserem Namen, deshalb machen wir nur Sachen, für die meinen Namen hergebe möchte, wo ich vor allem auch hinter stehen kann.
Das Team kommt auch mit?
Das Team kommt mit. Wenn wir als Ecco, als Giardino, auch ich mit meinem Namen hingehen, dann müssen wir da eine Top-Performance abliefern. Mit den Gegebenheiten, die es vor Ort gibt. Dort gibt es eben keinen Pacojet und keinen Thermomix, mit denen wir sonst jeden Tag arbeiten. Deshalb halten wir die Gerichte auch ein kleines bisschen einfacher, um auf der sicheren Seite zu sein.
Wie geht ihr normalerweise mit Bloggern um? Macht es Euch nervös, wenn Ihr vermutet, dass ein Foodblogger im Restaurant sitzt?
Ich werde eigentlich nie nervös, muss ich ganz ehrlich sagen. Weil ich überzeugt von dem bin, was wir machen. Nicht, dass ich nicht selbstkritisch bin, absolut nicht, wir hinterfragen uns täglich. Aber trotzdem, ich muss da hinter stehen, ich geh zu den Gästen raus. Das könnt ich nicht machen, wenn ich nicht prinzipiell zufrieden wäre mit dem, was wir machen.
Es macht mich nicht wirklich nervös, ich bin dann gespannt, was kommt und freu mich natürlich, wenn ein toller Bericht kommt. Wenn kein toller Bericht kommt, bin ich auch ein bisschen niedergeschlagen. Das sind dann auch so Dinge wo ich sage, ok, nehmen wir uns zu Herzen, schauen wir drauf. Das wird immer sehr sehr stark geprüft und auch kleine Inputs find ich immer sehr sehr wichtig. Es wäre vermessen zu sagen, dass man sich darum nicht kümmert.
Manche Restaurants verbieten Fotos von ihrem Essen, weil das Essen kalt werden könnte oder das Foto nicht dem entspricht, was man möchte. Bei euch gibt es kein Fotoverbot.
Macht bitte Fotos und tragt das in die ganze Welt raus – ich bin Euch nicht böse drum. Ich mach in jedem Restaurant, wo ich essen geh, Fotos, einfach für mich. Das einzige Mal, wo ich bisher Probleme hatte, war in Chicago. Da hiess es dann, dass ich nicht mit Blitz fotografieren darf. Das ist auch ok, aber es war so dunkel da drin, ich hab kaum meine Hand vor Augen gesehen, die Fotos sind echt nicht so toll geworden. Und es war eines der besten Restaurants der Welt, also ich hätte das gerne ein bisschen festgehalten, das war ein bisschen ärgerlich.
Ich würde unsere Küche als jung und spritzig bezeichnen. Das soll unser Service auch so vermitteln und das sollen die Gäste spüren und sich auch so verhalten. In St. Moritz ist unsere Küche ein bisschen näher am Restaurant, da hört man das dann immer, wie der Lärmpegel ist und man hört die Gäste bis in die Küche lachen, weil die Spass haben. Find ich fantastisch. Find ich super. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ich als Gast in ein Restaurant reingehe und jeder sitzt so, keiner sagt irgendwas und man traut sich nicht. Das ist furchtbar. Wenn ich Essen gehe, will ich Spaß haben.
Wir hatten gestern Spaß.
Das freut mich. Wenn die Gäste Spaß haben, haben wir auch Spaß. Wenn die Gäste keinen Spaß haben, haben wir trotzdem Spaß.
Herzlichen Dank für das interessante und nette Gespräch!
(Und dem Mann vielen Dank für die Fotos und das Ausleihen des Aufnahmegerätes!)
Pingback: Eine Auszeit am Lago Maggiore - Schöner Blog(t)